Zum ersten Mal tritt der aufstrebende Winterthurer Violinist Sebastian Bohren gemeinsam mit Daniel Hope und dem ZKO auf. Im Interview verraten die beiden, wieso dieses Konzert, in dessen Zentrum das Concerto grosso des deutschsowjetischen Komponisten Alfred Schnittke steht, für sie etwas ganz Spezielles ist.

INTERVIEW LION GALLUSSER

Daniel Hope, wie Sie etwa in «Hope@Home» beweisen, ist es Ihnen ein besonderes Anliegen, die Talente der jungen Generationen zu fördern. Was bedeutet es Ihnen, mit jungen und aufstrebenden Musikern wie Sebastian Bohren zu musizieren?
Junge Musiker*innen zu unterstützen, macht nicht nur Freude, es ist unsere Pflicht. Gerade jetzt in Zeiten der Pandemie. Sebastian Bohren schätze ich ganz besonders, er ist ein wunderbarer Geiger, der «out of the box» denkt – wir brauchen mehr solcher Talente.

Sebastian Bohren, Sie haben das gemeinsame Konzertprojekt lanciert. Wie sehen Sie dem Konzert mit Daniel Hope und dem ZKO entgegen?
Mit diesem Konzert wird für mich ein Traum wahr. Dass Daniel Hope spontan so begeistert auf meine Idee für ein gemeinsames Konzert reagiert hat, freute mich enorm. Und dass wir in dieser Kombination auch in meiner Konzertreihe «Stretta Concerts» in Brugg auftreten, ist einmalig: Die Begeisterungsfähigkeit und die Vielseitigkeit des ZKO machen dieses Ensemble ganz aussergewöhnlich. Ich habe zudem eine weitere sehr schöne Erinnerung, die mich mit dem Orchester verbindet: Bei meinem ersten klassischen Live-Konzert hörte ich 2001 das ZKO unter der Leitung von Howard Griffiths in der Tonhalle Zürich!

Für das Konzert mit Daniel Hope und dem ZKO haben Sie, Sebastian Bohren, das Concerto grosso Nr. 1 von Schnittke gewählt. Darin verarbeitete der Komponist Einflüsse verschiedenster Epochen und Stile und schuf damit ein zentrales Werk der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Wie kam es dazu?
Ich habe diese Komposition 2007 in der Zürcher Tonhalle mit dem ZKO, Daniel Hope und Mayuko Kamio unter Leitung von Ralf Weikert im Konzert gehört und war sehr beeindruckt. Es ist ein im gesamten Repertoire der Violine singuläres Werk; neben dem Doppelkonzert BWV 1043 von Johann Sebastian Bach und «Tabula Rasa» von Arvo Pärt gibt es nichts vergleichbar Attraktives für zwei Geigen und Ensemble. Ich erinnere mich sehr genau an diesen Konzertabend, weil damals der 60. Geburtstag des legendären Violinpädagogen Zakhar Bron gefeiert wurde – mit einem wahren Feuerwerk an Geigenmusik!

Erst kürzlich haben Sie, Daniel Hope, eine CD mit Werken für Violine und Klavier von Schnittke veröffentlicht. Worin liegt für Sie der besondere Reiz von Schnittkes Musik begründet, dessen Concerto grosso Nr. 1 Sie nun gemeinsam mit Sebastian Bohren aufführen?
Grundsätzlich birgt die Musik Schnittkes eine Schonungslosigkeit, die den Ton unserer Welt im Moment ziemlich genau trifft. Schnittke besitzt die Fähigkeit, innerhalb von Sekunden zwischen Stilen zu springen: Er hat diese Polystilistik wie kaum ein anderer auf virtuoseste Art bedient. Das macht ihn so einmalig. Für Schnittke bedeutete die Musikgeschichte nicht etwas Ödes aus der Vergangenheit, sondern etwas Lebendiges.

Sebastian Bohren, spielte es bei der Konzeption des Konzertprojekts eine Rolle, dass Daniel Hope eine besondere Vorliebe für Schnittke hat?
Ja, in meinen Studientagen in Zürich bei Zakhar Bron war Daniel Hope unter meinen grossen Vorbildern, und so habe ich alles gelesen und gehört, was ich finden konnte. In einem Radioporträt erfuhr ich, dass Daniel Hope Alfred Schnittke gut gekannt und oft besucht hat. So war für mich klar, dass Hope und Schnittke eine Traumzusammenstellung wären, bei der ich viel lernen kann! Zudem fühle auch ich mich der Musiksprache Schnittkes sehr nahe und möchte seine Violinkonzerte ebenfalls bald in mein Repertoire aufnehmen. War Schnittke Ende der 1990er-Jahre im Musikleben noch sehr präsent, ist er in den letzten Jahren etwas in den Hintergrund geraten. Ich bin überzeugt, dass wir bald eine Art Renaissance dieses Komponisten erleben werden – die Interpreten müssen vorangehen und die Veranstalter überzeugen!

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