Eine grosse Gala mit grossen Musikern: Gemeinsam mit Rachel Harnisch, Albrecht Mayer und Sebastian Knauer wird Daniel Hope fragen «Wann darf ich klatschen?»
Den Jahreswechsel feiert das ZKO an Silvester in Luzern, an Neujahr in Zürich. Daniel Hopes Buch «Wann darf ich klatschen?» gibt der grossen Gala den Rahmen: Der unterhaltsame Abend bietet einen humorvollen Blick auf unseren Konzertalltag, gespickt mit grossartiger Musik von Rossini, Mendelssohn, Mozart, Beethoven und weiteren. Mit dabei sind die Sopranistin Rachel Harnisch, der Oboist Albrecht Mayer, der Pianist Sebastian Knauer und natürlich das ZKO mit seinem Konzertmeister Willi Zimmermann.
Zum Verhalten des Publikums während eines Konzerts schreibt Daniel Hope in seinem Buch Folgendes: «Die deutschsprachige Konzerttradition sieht Beifall nach einzelnen Sätzen nicht vor, erst ganz am Ende darf geklatscht werden. Doch immer häufiger spüre ich – bei Zuhörern wie bei Musikerkollegen – Sympathie für das südländische Vorbild, auch nach den Sätzen zu klatschen oder dann, wenn man gerade begeistert ist. Nicht etwa, dass es bei klassischen Konzerten zugehen soll wie bei einer Jamsession der Jazzer, wo nach einem gelungenen Solo sogar mitten in die Musik hineingeklatscht wird. Aber etwas spontaner und weniger steif könnte die Atmosphäre auch bei uns durchaus werden.»
Das Opus wollte wissen, wie andere Künstler darüber denken. Ein Gespräch mit dem Oboisten Albrecht Mayer über Applaus, das Programm zum Jahreswechsel und Youtube.
Albrecht Mayer, das Silvester- und Neujahrskonzert stellt die Frage «Wann darf ich klatschen?» Wie ist Ihre Antwort?
Ich habe natürlich Daniel Hopes Buch gelesen, das sich dieser Frage widmet, und fand es sehr spannend. Ich persönlich denke, dass wir grundsätzlich unverkrampft sein sollten: Wenn einen etwas wirklich begeistert, kann man natürlich klatschen. Klar, es gibt ungünstige Momente und man könnte die anderen Zuhörer stören. Aber ich finde, dass wir diese bürgerliche Moral, die sich in der klassischen Musik etabliert hat, ablegen sollten. Bei den Uraufführungen von Beethoven-Sinfonien wurde zwischen den Sätzen durchaus noch geklatscht, manchmal wurde sogar eine Zugabe gegeben. Und in den Opernhäusern des Barock hörte das Publikum in den Logen auch nicht immer aufmerksam zu. Mir gefällt das Flair der Arena von Verona. Dort wird so lange gejubelt, bis die Sänger ihre Arie noch einmal singen. Auf der anderen Seite finde ich aber, dass es durchaus schön sein kann, mal eine ganze Sonate ohne Klatschen dazwischen durchzuhören. Die innere Freude kann ebenfalls ein grosses Erlebnis sein.
«Wenn einen etwas wirklich begeistert, kann man natürlich klatschen.»
Albrecht Mayer
Sie werden in Zürich unter anderem eine Fantasie über Donizettis Oper «Linda di Chamounix» von Louis Klemcke spielen. Einen Komponisten, den man gar nicht kennt …
Ist das nicht toll? Ich habe neulich auf Youtube geschaut, aber nicht einmal dort gibt es dieses Stück. Dabei ist es wirklich wunderschön. Die Donizetti-Oper ist ein Meilenstein des Belcanto und der Oboe wird ja nachgesagt, die menschliche Stimme am besten zu imitieren. Darum geht es auch in diesem virtuosen Stück.
Weil wir gerade über Youtube geredet haben: Diese Mode des 19. Jahrhunderts, grosse Opern für den Salon zu «schrumpfen», ist ja auch irgendwie modern …
Natürlich, es ging damals um das Gleiche wie heute: ein grosses Werk möglichst schnell zu verstehen und zuhause spielen zu können. Da es keine Schallplattenspieler, geschweige denn Youtube gab, haben Komponisten wie Paganini oder später auch Liszt diese Opern-Fantasien komponiert. So konnte man in einem Salon die neueste Mode von den grossen Bühnen nachhören und über die Musik debattieren. Und sicherlich wurde in diesen Salons auch eifrig geklatscht.
Sie arbeiten sehr viel mit Daniel Hope zusammen, musizieren Sie im gleichen Geiste?
Mehr noch, wir treffen uns regelmässig, um auch über Dinge ausserhalb der Musik zu plaudern. Für mich ist es eine grosse Freude, wenn man mit Kollegen musiziert, mit denen man sich über die Musik und ihre Wirkung auf die Menschen austauschen kann. Daniel ist in dieser Hinsicht ein grandioser Gesprächspartner und Freund.
Auch mit dem ZKO haben Sie viel zusammengespielt und waren schon einmal gemeinsam auf Tour. Wie würden Sie das Orchester beschrieben?
Das Zürcher Kammerorchester ist sicherlich eines der besten Kammerorchester der Welt. Ich hatte die Ehre, noch gemeinsam mit Sir Roger Norrington auf Tour zu gehen, und freue mich immer wieder, zurückzukehren. Auch, weil der Konzertmeister des ZKO, Willi Zimmermann, ein ausserordentlicher Mensch mit Ecken und Kanten ist, mit dem man genial über die Musik debattieren kann. Übrigens hat er für mich einen der schönsten Geigentöne überhaupt. Nun freue ich mich ausserdem, zum ersten Mal mit Daniel Hope als Music Director beim ZKO zu spielen. Ich bin neugierig auf seine Moderation, auf den Jahreswechsel in Zürich und darauf, wann das Schweizer Publikum klatschen wird.
Den Artikel lesen Sie auch im aktuellen OPUS.