Grosser Saisonabschluss mit Daniel Hope und Vivaldis «Vier Jahreszeiten»: Bei Vivaldi Reloaded verschmelzen Musik und Video-Mapping auf vollkommen neue Art und Weise.
Vivaldis «Vier Jahreszeiten» mögen für viele ein Gassenhauer des Barock sein, ein äusserst effektvolles Musikstück, ein Werk, das mit Sicherheit für Erfolg beim Publikum sorgt. Für Daniel Hope sind die «Jahreszeiten» allerdings viel mehr. Seit Jahrzehnten spielt er das Original, vor sechs Jahren hat ihm der Komponist Max Richter das «Recomposed » der Vivaldi-Musik quasi auf den Leib komponiert. Bis heute hat Hope nicht aufgehört, sich mit diesem Stück auseinanderzusetzen – sei es auf der Bühne oder im Tonstudio, zuletzt nahm er die CD «For Seasons» gemeinsam mit dem ZKO auf.
«Klar», sagt der Geiger, «manche Leute fragen mich, warum ich die ‹Vier Jahreszeiten› immer wieder in das Programm nehme, aber meine Antwort ist eindeutig: Weil ich noch immer jedes Mal, wenn ich sie spiele, etwas Neues entdecke. Es gibt Musik, bei der man, sobald man sie spielt, spürt, dass sie einfach genial ist, dass sie zu Recht so populär ist – weil in ihr einfach alles stimmt.»
«Es gibt Musik, bei der man spürt, dass sie einfach genial ist.»
Zum grossen Saisonabschluss stehen die «Vier Jahreszeiten» also erneut auf dem Programm des ZKO. Das Konzert bildet auch den fulminanten Abschluss von «Art is in Residence». Dabei erwartet die Zuschauer ein gigantisches Video-Mapping, bei dem die Live-Musik digital in Licht und Animationen verwandelt wird. Ausserdem werden Tänzer die Klänge in Bewegung umsetzen.
«Man könnte sagen, dass wir es damit gleich mit zwei ‹Recomposed›-Versionen zu tun haben», sagt Hope, «einmal mit der musikalischen Auseinandersetzung durch Max Richter und dann mit der visuellen Vergegenwärtigung der Musik durch das Video-Mapping und den Tanz. Ich weiss aus Erfahrung, dass diese Art, Musik zu sehen und zu hören, ein gigantisches Spektakel für die Sinne ist.»
«Das Repertoire von Daniel Hope ist gross – Vivaldi aber ist ein Fixpunkt seiner Karriere.»
Das Repertoire von Daniel Hope ist gross, führt vom Barock in die Klassik, die Romantik bis in die Moderne – Vivaldi aber ist ein Fixpunkt seiner Karriere. «Ich habe mich in letzter Zeit intensiv mit den vier Vivaldi-Konzerten beschäftigt, die gerade erst entdeckt wurden. Und auch sie haben meine Ohren vollkommen geöffnet. Sie beweisen, wie revolutionär der sogenannte Rote Priester aus Venedig war, wie er versucht hat, Effekt und Emotionen miteinander zu verbinden, und wie er neue Klangmöglichkeiten für die Geige geschaffen hat, beispielsweise durch das Streichen neben dem Steg. Wenn ich nach derartigen Ausflügen wieder die ‹Vier Jahreszeiten› spiele, ist das für mich wie ein Nach-Hause-Kommen. Man spürt, dass Vivaldi in dieser Musik wirklich sein gesamtes Können komprimiert und etwas wahrlich Geniales zu Stande gebracht hat.»
Besonders spannend ist es für Hope, dieses Stück mit immer wieder unterschiedlichen Ensembles und in verschiedenen Konstellationen aufzuführen. «Auch in diesem Sinne wird das Konzert in Zürich für mich ein Nach-Hause-Kommen sein», sagt er, «denn es gibt derzeit wohl kein Orchester, dem ich mich näher und persönlicher verbunden fühle als dem ZKO – gemeinsam werden wir Vivaldi aus dem gleichen Geist beleben und sicherlich wieder ganz neue Aspekte aufstöbern.»
Vivaldi Reloaded
Das Abschlusskonzert der Saison wird ein grosses Spektakel, bei dem die «Recomposed»-Version von Vivaldis «Vier Jahreszeiten» durch zwei weitere Kunstelemente ergänzt wird. Zum einen wird eine gigantische Lichtinstallation auf der Bühne aufgebaut. «Wir kreieren so einen dreidimensionalen Raum, in dem wir uns durch Licht mit den ‹Vier Jahreszeiten› auseinandersetzen», sagt Michael Bühler, Direktor des ZKO. Zum anderen werden Tänzer auf einer Rampe vor der Bühne die Musik in Bewegung umsetzen. Bei Redaktionsschluss des Opus wurde noch an den Details der Inszenierung getüftelt: «Die ‹Vier Jahreszeiten› bieten sich natürlich für ganz unterschiedliche Lesarten an», sagt Bühler über die Aktion, die von Swisscom Event & Media Solutions unter der Gesamtregie von Christian Fink umgesetzt wird. «Auf der einen Seite kann man die meteorologischen Jahreszeiten zeigen, die Musik lässt sich aber auch als Allegorie des menschlichen Lebens lesen.» Für Daniel Hope, der den Solopart übernimmt, ist klar: «Da sich bei diesem Projekt so viele unterschiedliche Künstler – die Musiker, die Tänzer und die Lichtkünstler – mit der gleichen Musik auseinandersetzen, ist allein der Prozess der Probe schon eine Bereicherung für alle, und am Ende versuchen wir, das Publikums gemeinsam zu verzaubern.» (Texte: Axel Brüggemann)
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