Gemeinsam mit seiner Ehefrau Amanda Forsyth kommt der Geiger, Bratschist und Dirigent Pinchas Zukerman nach Zürich und lässt sich vom ZKO und Daniel Hope zum 70. Geburtstag gratulieren.
Wenn Pinchas Zukerman in Ruhe Musik hören will, steigt er am liebsten in seinen Audi und fährt durch die Gegend. 18 Lautsprecher hat er in seinen Wagen eingebaut – einen besseren Sound gibt es höchstens in einem Konzertsaal. «Der Vorteil am Auto ist, dass ich mich hier bestens auf all das konzentrieren kann, was mir beim Hören wirklich wichtig ist», sagt Zukerman. Ansonsten hört der Geiger, Bratschist und Dirigent in seiner Freizeit eher weniger Musik, da sein Leben vom Klang umgeben ist: Tag für Tag – fast 70 Jahre lang. Und bis heute nimmt er nichts so ernst wie die Musik. Wer denkt, dass sich ein Starmusiker in seinen Übungsstunden allein um vertrackte Passagen und virtuose Zirkusstücke kümmert, irrt. «Noch immer verbringe ich die meiste Zeit beim Proben mit ganz einfachen Grundlagen: den Bogen halten, ein Gleichgewicht finden oder die leeren Saiten streichen.» Vielleicht liegt darin das Geheimnis von Zukermans authentischem und harmonischem Klang.
Am 16. Juli feiert er seinen 70. Geburtstag – das ZKO und dessen Music Director Daniel Hope haben die Legende schon etwas früher eingeladen, um die Feierlichkeiten einzuläuten – mit einem Konzert, das quer durch die Musikgeschichte führt, und an dem neben Zukerman auch seine Frau, die Cellistin Amanda Forsyth, teilnimmt. Ein musikalisches Fest für eine der grössten Musikerkarrieren unserer Zeit. Zukermans Leben ist sowohl von der Geschichte als auch von der Musik selber, vor allen Dingen aber von seinen musikalischen Partnern geprägt.
Beginnen wir mit der Geschichte: Zukermans Familie überlebte zunächst das Warschauer Ghetto, danach auch das Konzentrationslager von Auschwitz. Die Eltern zogen nach Tel Aviv, Vater Yehuda unterrichtete seinen Sohn erst auf der Klarinette, dann auf der Geige. Mit nur 13 Jahren lernte Pinchas während des ersten Israel Festivals zwei Musiklegenden kennen: den Cellisten Pablo Casals und den Geiger Isaac Stern. Beiden spürten sofort, dass sie einem jungen Musiker begegnet waren, den es zu fördern galt. Auf ihren Rat nahm Pinchas sein Studium an der Juilliard School in New York auf und gab 1963, mit nur 15 Jahren, sein gefeiertes US-Debüt.
Was Zukerman neben seinem klaren und harmonischen Spiel auszeichnet, ist seine Gabe, sich perfekt auf seine musikalischen Partner einzulassen. Egal, ob es die grossen Orchester sind, die er, wie das English Chamber Orchestra, auch dirigiert, oder die grossen Solisten wie Daniel Barenboim oder Itzhak Perlman, mit denen er zahlreiche gemeinsame Konzerte gab. Mit dem Pianisten Vladimir Ashkenazy und dem Cellisten Lynn Harrell nahm er bedeutsame Interpretationen der Klaviertrios von Franz Schubert auf.
«Während fast jeder Streicher das Tennisspiel für den Todfeind des Bogenarms hält, ist Zukerman ein begeisterter Sportler.»
Die Wahrhaftigkeit seiner Interpretationen hat vielleicht auch etwas mit der Lebensfreude zu tun, die sich Pinchas Zukerman in den letzten 70 Jahren bewahrt hat. Während fast jeder Streicher das Tennisspiel für den Todfeind des Bogenarms hält, ist Zukerman ein begeisterter Sportler. «Es gab Zeiten», sagt er, «da wollte ich sein wie Jimmy Connors. Ich trug immer einen hölzernen Tennisschläger in meinem Geigenkoffer und nutzte jede Gelegenheit zum Spielen, auch direkt vor einem Konzert.» Seinem Bogenstrich hat das keinen Abbruch getan. Im Gegenteil, bei kaum einem anderen Geiger wirken die Bewegungsabläufe so harmonisch und natürlich wie bei Pinchas Zukerman.
Wenn Zukerman in Zürich nun einen Querschnitt durch die Musikgeschichte präsentiert, so erklingt neben Antonio Vivaldis Concerto für Violine, Violoncello, Streicher und B.c. auch Mozarts Violinkonzert Nr. 5, das unter dem Namen «Das türkische Konzert» in die Geschichte eingegangen ist. Das Werk, das der klassischen Struktur von schnell-langsam-schnell folgt, wurde wahrscheinlich 1775 in Salzburg komponiert. Mozart gehört für Zukerman übrigens zu den grossen historischen Helden. Zukerman nennt den Komponisten gern in einem Atemzug mit Leonardo da Vinci und Michelangelo: «So wie die beiden etwas geschaffen haben, das kein anderer konnte, hat auch Mozart etwas vollkommen Neues kreiert: Er hat uns Musik geschenkt, die einen vollkommen neuen Standard gesetzt hat.»
Fragt man Zukermans Frau nach ihren musikalischen Vorbildern, muss auch sie nicht lange nachdenken: die Cellistin Jacqueline du Pré. Es ist eher ein Zufall, dass Jacques Offenbach sein Werk für Cello und Streicher «Les Larmes de Jacqueline» genannt hat, «Jacquelines Tränen». Was nur wenige wissen: Offenbach, der bis heute besonders für Operetten und Opern bekannt ist, wurde in seiner Zeit besonders als Cellist gefeiert. Man nannte ihn den «Franz Liszt des Cellos». Neben Offenbach ebenfalls auf dem Programm mit dem ZKO: die wunderschöne e-Moll-Serenade von Edward Elgar und Ignaz Pleyels Sinfonia Concertante.
«Für das ZKO und mich ist es eine grosse Ehre, gemeinsam mit Pinchas und Amanda einen musikalischen Abend zu gestalten», sagt Daniel Hope, der die Idee zu diesem Vorgeburtstagskonzert hatte, «denn es gibt kaum einen Geiger, den ich so sehr verehre wie Pinchas Zukerman.» (Text: Axel Brüggemann)
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