Paul Suter, Andres Joho und Petros Bakalakos bringen Georges Bizets Oper «Don Procopio» zur Aufführung – ein herrliches Stück über die Liebe, das Geld und das Alter. Wir haben uns mit den beiden Darstellern Christa Fleischmann und Luca Bernard, die das junge Liebespaar spielen, über ihre Charaktere, klassische Rollenverteilungen und ihre Lieblingsstellen im Werk unterhalten.
Luca Bernard, du bist dieses Jahr das erste Mal bei der Opera Box mit dabei. Wie bist du zum Team dazugekommen und welche Erwartungen hast du?

Luca Bernard: Ich kenne Paul Suter schon lange, weil ich mit seiner Tochter dasselbe Gymnasium besucht habe. Wieder getroffen habe ich ihn dann im Opernhaus, wo er als Inspizient arbeitet und ich im Chor singe. Erich Bieri, mit dem ich bereits zwei Produktionen gesungen habe, hat mich bei Paul dann für die Rolle des Odoardo in der Opera Box vorgeschlagen, worüber ich mich sehr gefreut habe. Allerdings muss ich gestehen, dass ich bisher keine der vorherigen Vorstellungen gesehen habe. Aber ich habe sehr viel Gutes gehört – nicht nur von Paul Suter, sondern auch von Andres Joho und den Musikerinnen und Musikern des ZKO.

Christa Fleischmann: Das muss er ja jetzt auch sagen!

LB: Stimmt genau! (lacht)

ZK Opera_Box © Thomas Entzeroth CHrista Fleischmann & Luca Bernard
Christa Fleischmann & Luca Bernard © Thomas Entzeroth
Du dagegen, Christa Fleischmann, spielst zum wiederholten Male bei der Opera Box mit. Was ist das Besondere an dieser Form der Aufführung?

CF: In vielen Sälen schafft ein Orchestergraben einen Abstand zum Publikum. Nicht so bei der Opera Box: Hier sind die Musiker und Sänger viel näher beim Publikum. Wir laufen manchmal sogar zwischen den Leuten durch. Diese Nähe zum Publikum ist manchmal eine Herausforderung, gleichzeitig aber auch sehr schön, weil ein direkter Kontakt entsteht. Sowohl bei den Proben als auch bei den Aufführungen herrscht immer eine sehr wohlwollende, familiäre Stimmung.

In dieser Opera Box spielt ihr beide ja das «tragische» Liebespaar, dem durch Geldgier und alte Traditionen Steine in den Weg gelegt werden. Was ist die Herausforderung dabei, diese Rollen zu spielen?

CF: Die Rolle an sich entspricht vom Charakter her genau dem Typ Frau, den ich auch sonst immer spiele. Der Gesang dagegen birgt dann doch die ein oder andere Herausforderung. Gerade für meine Stimme geht es sowohl sehr hoch als auch sehr tief. Schon die Auftrittsarie der Bettina beginnt fulminant und steckt voller Emotionen und Koloraturen. Und auch im letzten Duett führt Bizet die Stimme der Bettina ziemlich weit nach unten – genau dann, wenn man eigentlich schon ziemlich am Ende ist. (lacht)

Und wie ergeht es dir mit der Stimme des Odoardo?

LB: Meine Stimme führt nicht so tief – und ist auch insgesamt nicht so dramatisch.

CF: Du darfst ab und zu auch mal eine Terz höher singen, oder?

LB: Genau! Zudem darf ich bei «Don Procopio» auch mein erstes öffentliches Cis singen – worauf ich mich sehr freue! Was meine Rolle in der Oper betrifft, so ist man als lyrischer Tenor oft zum liebhabenden Jüngling verdammt. Dies hat aber auch sein Gutes: So darf ich oft einfach nur schön singen und die Musik genau so interpretieren, wie sie gedacht ist.

Dann sind die einzelnen Stimmen auch immer mit den gleichen Rollen behaftet?

CF: Das ist tatsächlich meistens so. Der Tenor ist, wie gesagt, meistens der jugendliche Liebhaber, wogegen der Bariton entweder einen Kavalier oder auch den Vater darstellt. Bässe dagegen verkörpern meist Bösewichte.

LB: Es gibt im Prinzip festgelegte Regeln für die einzelnen Stimmen und Rollen. In der geistlichen Musik zum Beispiel ist es so, dass die Mutter Maria immer von einem Alt und Jesus von einem Bass gesungen wird. Der Erzähler oder Evangelist hingegen wird mit einem Tenor besetzt.

CF: Allerdings können diese Festlegungen auch variieren und wenn man diese Regeln durchbricht, kann man ein ganzes Stück auch komplett auf den Kopf stellen.

Als Bettina überlässt du dich nicht einfach deinem Schicksal, sondern tust etwas dagegen. Imponiert dir das?

CF: Mir imponiert vor allem der Mut dieser jungen Frau, die sich gegen diese Zwangsheirat wehrt. Sie hat weder Angst vor ihrem Onkel, noch vor dem einflussreichen Don Procopio. Dabei setzt sie auch heftige Mittel ein und wird eine richtige Rebellin. Das war vor allem zu jener Zeit, also Mitte des 19. Jahrhunderts, bestimmt nicht einfach.

Im Gegensatz zur Rolle der Bettina wirst du, Luca, nicht grossartig aktiv. Wie schätzt du den Charakter des Odoardo ein?

CF (lacht): Luca verkörpert den typischen Tenor und wird als Offizier der Carabinieri, also der italienischen Gendarmerie, beschrieben. Ich vermute, dass er deshalb eine schöne Uniform tragen darf und ansonsten das Leben geniessen kann, während er die Arbeit meinem Bruder und mir überlässt. Die Frauen haben eben schon früher alles alleine machen müssen.

LB (schmunzelt): Wobei du ja eigentlich froh sei kannst, jemanden zu haben, in den du verliebt sein kannst! Sonst hättest du ja gar keinen Grund, dich gegen Don Procopio aufzulehnen …

(Beide lachen)

Habt ihr beide auch eine Lieblingsstelle im Werk?

LB: Ich finde beide Duette total schön! Sowohl «Sulle piume dell’amore» als auch «Per me beato appieno», die wir gemeinsam singen.

CF: Aber auch sonst steckt «Don Procopio» voller schöner Stellen. Das Finale vom 1. Akt ist rasant und auch die bereits erwähnte Auftrittsarie der Bettina ist genial furios – fast sogar ein bisschen drüber. Zwischendurch hat man das Gefühl, dass Bizet hier alles gegeben hat. Er wollte deutlich zeigen, was den Stil der italienischen Opera buffa ausmacht.

Worauf können sich die Zuschauer neben den beiden Duetten noch freuen?

CF: Na, auf uns natürlich!

(Beide lachen)

LB: Spass beiseite. Ich denke, vor allem die angesprochene Nähe zum Publikum wird spannend.

CF: Und natürlich auch das Tempo, der Witz und die Verwirrungen in der Geschichte. «Don Procopio» hat ein bisschen von allem etwas. Hier wird einem bestimmt nicht langweilig! mh

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