Die Weihnachtskonzerte gehören seit über 50 Jahren zum Programm des ZKO. Im Interview blickt der musikalische Leiter und Dirigent des Zürcher Konzertchors, André Fischer, voraus auf die diesjährige Ausgabe.
INTERVIEW LION GALLUSSER

André Fischer, was bedeuten Ihnen die Weihnachtskonzerte?
Unser musizierendes Miteinander im Fraumünster, das Geben und Empfangen von Wohlklang, ist für mich seit vielen Jahren die ideale Einstimmung auf das Fest der Menschwerdung. Unsere Weihnachtskonzerte sind für mich schlicht und ergreifend «awesome». Das englische «awe» meint, ebenso wie das deutsche «Ehrfurcht», etwas Grossartiges, Überwältigendes. Davon abgeleitet gibt es interessanterweise zwei gegensätzliche, häufig benutzte Adjektive: «awful», also schrecklich oder furchtbar, sowie «awesome», sprich genial oder mega – ein Modewort, das inzwischen kaum mehr jemand mit seiner religiös konnotierten Wurzel «awe» in Verbindung bringt, welche für mich aber genau die Weihnachtskonzerte ausmacht.

Am 18. Dezember 2020 würde Edmond de Stoutz, der Gründer des ZKO und des Zürcher Konzertchors (ZKC), seinen 100. Geburtstag feiern. Was denken Sie darüber, dass dieser just auf das Datum des zweiten Konzerts im Fraumünster fällt?
Das Zusammenfallen des diesjährigen zweiten Konzerts mit dem 100. Geburtstag des Gründerdirigenten des ZKC ist für alle Mitwirkenden – darunter auch einige aktiv singende Angehörige der Familie de Stoutz – ein sehr freudiger Anlass. Selbstverständlich auch für mich, der ich mich schon letztes Jahr sehr gefreut hatte, das 50. Weihnachtskonzert des ZKO zu dirigieren, und mich sehr geehrt fühle, dieses Erbe weiterpflegen zu dürfen. Wir haben im Wissen um das erneute Jubiläum zwei Stücke ausgewählt, die Edmond de Stoutz selbst mehrmals an Weihnachtskonzerten auf das Programm setzte: Corellis Concerto grosso op. 6 Nr. 8 «Fatto per la notte di natale» und Michael Haydns «Lauft, ihr Hirten, allzugleich».

Haben Sie Edmond de Stoutz persönlich kennengelernt?
Ich hatte leider nur einmal das Vergnügen einer Begegnung mit dem Maestro, die aber umso prägender war: Als 14-jähriger Gymnasiast wohnte ich einer Generalprobe des ZKO unter de Stoutz in der Tonhalle bei und konnte dabei zum ersten Mal einem Dirigenten bei seiner ganz normalen Arbeit zusehen – ein eindrückliches, unvergessliches Erlebnis.

Im Konzertprogramm befinden sich auch vier Werke, die Sie selbst arrangiert haben. Dabei fällt das Arrangement von Grubers «Stille Nacht, heilige Nacht» besonders auf, da Sie das Weihnachtslied für die nicht ganz alltägliche Besetzung von Chor, Streicher und Alphorn eingerichtet haben. Spielt das Alphorn eine besondere Rolle in Ihrer Bearbeitung?
Ja, es spielt in der Tat eine besondere, solistische Rolle und «umarmt» sozusagen den Chorsatz von «Stille Nacht, heilige Nacht». Dieses Lied stammt aus der Feder eines Schubert-Zeitgenossen, was man der Melodie gut anhört: Es wurde 1818 vom Österreicher Franz Xaver Gruber komponiert. Daher war es für mich naheliegend, ein alpenländisches Element wie das Alphorn einzusetzen – das sich ausserdem mit der Einfachheit seiner Harmonik besonders gut für die Begleitung eignet.

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