Die Sängerin Juliette De Banes Gardonne und drei ZKO-Musiker präsentieren Kantaten, welche zu Unrecht in Vergessenheit gerieten. Unter dem Staub der Jahrhunderte entdecken die Musiker vielfältige Emotionen und jede Menge Leidenschaft.
TEXT SIMONE PFLÜGER

Als Juliette De Banes Gardonne in einer musikwissenschaftlichen Publikation vom «Manoscritto Pignatelli» las, welches in der Pontificia Biblioteca Antoniana in Padua völlig unbemerkt durch die Jahrhunderte schlummerte, war ihr Interesse geweckt. Die Mezzosopranistin liess sich
das kostbare Exemplar schicken und machte sich auf eine Spurensuche – unter anderem nach der Widmungsträgerin Maria Pignatelli, deren Identität bis dato ungeklärt war.

Die Neugier zahlte sich aus: Juliette De Banes Gardonne lüftete nicht nur das Geheimnis um Maria Pignatelli – es handelte sich dabei um die berühmte Mäzenin, die unter anderem für den Erfolg des Librettisten Pietro Metastasio verantwortlich war –, sondern entdeckte auch ungeahnte Meisterwerke in deren Manuskript. Neben den Werken berühmter Komponisten wie Alessandro und Domenico Scarlatti gingen nämlich auch völlig vergessen gegangene Kantaten in die Sammlung ein – etwa von Giuseppe Porsile. Diesen Werken wollte die Sängerin neues Leben einhauchen – sie tat es auf einer CD, die in Kürze bei Claves Records erscheint, und tut es erneut bei einem Kammermusikkonzert im ZKO-Haus.

Wer könnte die Sängerin bei diesem Vorhaben besser unterstützen als das eingespielte Team der ZKO-Musiker Naoki Kitaya, Nicola Mosca und Emanuele Forni. Die drei musizieren bereits seit über zehn Jahren gemeinsam. «Wir verstehen einander blind. Jeder weiss, wann es besser ist zu spielen oder dem anderen den Raum zu überlassen», beschreibt Emanuele Forni den Dialog ihrer Instrumente, den Teppich, auf dem die Sängerin Juliette De Banes Gardonne glänzen kann.

Auf dem Programm des Kammermusikmorgens stehen neben zwei bekannten Instrumentalstücken fünf Kantaten aus dem «Manoscritto Pignatelli» – «und sie alle erzählen eine Geschichte», so Emanuele Forni. Die Verbindung zwischen Text und Musik ist zentral für die Neapolitanische Schule, der die Kantaten zugerechnet werden. «Jede Kantate ist so etwas wie eine kleine Oper», erklärt Emanuele Forni. Kleine Opern, in denen es vor allem um eines geht: den Schmerz, welchen die Liebe zuweilen verursacht. Auch die Mythologie inspirierte die Kompositionen, wie etwa bei «Ch’io t’adori, oh mia Clori», der Geschichte um eine Nymphe, die vom Gott des Windes begehrt wurde.

Das Werk ist eines der Lieblingsstücke Juliette De Banes Gardonnes im Programm. «Mir gefällt, dass Porsile viele folkloristische Elemente in seine Kompositionen einfliessen liess», sagt sie. Bei «Ch’io t’adori, oh mia Clori» klingt etwa die letzte Arie wie eine Quaratelle, welche für noble Salons geschrieben wurde. «Es handelt sich um populäre weltliche Musik, geschrieben zum Vergnügen.» Ein weiteres Highlight ist für die Sängerin – und Emanuele Forni pflichtet ihr hier bei – die Kantate «Arianna infelice». «Ein wirklich wunderschönes, feines Werk, welches alle grossen Gefühle der Seele zum Ausdruck bringt», meint die Sopranistin. «Ein Meisterstück von höchster Qualität, bei dem der Text perfekt zur Musik passt», urteilt ihr Kollege an der Theorbe, Barockgitarre und Laute, der überhaupt richtiggehend ins Schwärmen gerät: «Die Frische der Musik in diesem Programm begeistert mich. Sie ist sehr spontan, sehr direkt und gibt so viel. Wenn du ein Stück fertig gespielt hast, hat sich etwas in deinem Leben verändert. Das ist schön.»

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