Das Weihnachtsfest hat Komponisten durch alle Zeiten hindurch inspiriert. Der Flötist Maurice Steger, das Zürcher Kammerorchester und der Zürcher Konzertchor machen die Vielfalt an musikalischen Umsetzungen hörbar.

Die Vorweihnachtszeit ist die Zeit der Kontemplation, und die Musik spielt eine grosse Rolle, wenn Freunde und Familie zusammenkommen. Auch das Zürcher Kammerorchester trifft bei seinem Weihnachtskonzert im Fraumünster auf langjährige Freunde. Gemeinsam mit dem Flötisten und Dirigenten Maurice Steger sowie dem Zürcher Konzertchor spannt das Orchester einen grossen Bogen – vom besinnlichen Barock über die wunderbare Welt der populären Weihnachtslieder.

Den Auftakt macht Georg Friedrich Händel. Seine G-Dur-Sonate hat der in England lebende Komponist mit 54 Jahren niedergeschrieben: ein stimmungsvoller Konzertbeginn, der die Vielseitigkeit von Händels Musik zeigt, welche sich dann in seinem Orgelkonzert fortsetzt. Es ist besonders durch seinen Allegro-Satz bekannt geworden, in dem, vom Kuckuck bis zur Nachtigall, unterschiedliche Vogelstimmen zu hören sind.

Nach diesem Exkurs ins Barock werden Steger, das Zürcher Kammerorchester und der Zürcher Konzertchor zeigen, dass viele noch heute verbreitete Weihnachtslieder einst durchaus existenzielle Kompositionen waren. Gerade für ihre Erfinder waren sie Ausdruck ihrer ureigensten Überzeugungen.

Das Weihnachtslied «Vom Himmel hoch, da komm ich her» gehört sicherlich zu den bekanntesten deutschsprachigen Liedern zu Heiligabend. Martin Luther hat es im Jahre 1535 verfasst, als Ausdruck seines tiefsten Glaubens, des Protestantismus, der sich vom Papst und dessen Ablasshandel befreit hatte. Luther schrieb dieses Lied wahrscheinlich für die Zeremonie der Weihnachtsbescherung. «Vom Himmel hoch» wurde so populär, dass auch Johann Sebastian Bach es später in seinem Weihnachtsoratorium zitierte.

Maurice Steger Photo: Marco Borggreve

Der Engländer John Francis Wade wurde auf Grund seines Glaubens verfolgt. Nach dem zweiten Jakobitenaufstand im Jahre 1745 floh er aus England ins französische Exil. In einem katholischen Kloster arbeitete er als Kopist von Büchern und verfasste zuweilen auch eigene Texte. Der bekannteste ist wohl «Adeste fideles» – ein Weihnachtslied, das bis heute für Besinnlichkeit sorgt: «Herbei, Gläubige, freudig und jubelnd, kommt, kommt, kommt nach Bethlehem.»

Dass Weihnachtslieder zuweilen den Spagat zwischen Hochkultur und Bodenständigkeit schaffen müssen, zeigt die Entstehungsgeschichte eines der bekanntesten französischen Weihnachtslieder, das den Titel «Minuit, chrétiens» trägt. Ein Dorfpfarrer bat den Dichter Placide Cappeau, ein Weihnachtsgedicht für seine Gemeinde zu schreiben. Das Gedicht, das mit den Worten «Mitternacht, Christen, dies ist die feierliche Stunde, da der Gott-Mensch zu uns herabstieg» begann, wurde 1847 vom Komponisten Adolphe Adam vertont. Noch heute wird «Minuit, chrétiens» besonders in Frankreich zu jedem Weihnachtsfest gesungen.

«Noch heute wird ‹Minuit, chrétiens› besonders in Frankreich zu jedem Weihnachtsfest gesungen.»

Schliesslich wenden sich Maurice Steger und das Zürcher Kammerorchester wieder dem Barock zu und interpretieren zwei weitere Werke Händels, zunächst seine Sinfonie zur Oper «Acis und Galatea», die im Frühsommer 1718 für den Landsitz des Earl of Carnarvon entstand, gefolgt von Händels Konzert für Flautino, zwei Violinen und Basso continuo. Einer der grössten Bewunderer Händels war der Komponist William Hayes, der eine wöchentliche Musikreihe im Holywell Music Room veranstaltete und als einer der einflussreichsten Musikprofessoren Englands galt. Eines seiner Meisterwerke ist die Ode «The Passions», in der er menschliche Gemütszustände in Musik fasst.

Zum Abschluss des Weihnachtskonzerts erklingt eine Adaption der schönsten Sinfonien und Choräle aus den Weihnachtskantaten Johann Sebastian Bachs. Bach schrieb seine Kantaten für Gottesdienste und Konzerte und füllte mit seiner Musik die einzelnen Tage des Kirchenjahres. Als Inspiration für die weihnachtlichen Kantaten dienten sowohl die Engelsmusik, die Hirtenmusik als auch Wiegenlieder.

Alles in allem ein Weihnachtskonzert, das die Vielfalt der Musik zur Heiligen Nacht vorstellt und dabei sowohl Besinnung als auch historisches Bewusstsein findet. ab

Diesen Bericht lesen Sie auch im aktuellen OPUS.

Zürcher Konzertchor (c) Sascha Herlod