Als Solist merkt man sehr schnell, ob die Chemie zwischen Dirigent und Orchester stimmt. Falls es Spannungen gibt, wird die eigene Aufgabe nicht gerade leichter, zumal wenn man selbst bestimmte Ideen hat, die man umsetzen möchte. In diesem Zusammenhang taucht immer mal wieder die Frage auf, wer im Streitfall eigentlich das letzte Wort hat, der Dirigent oder der Solist, und wie das am Ende entschieden wird. Leonard Bernstein hat mal in seiner typisch launigen Art gesagt: «Es gibt drei Möglichkeiten: durch Überzeugung, durch Charme oder durch Drohungen.» Ein ungeschriebenes Gesetz besagt zwar, dass der Solist der Chef ist und der Dirigent im Zweifel alles mitmachen muss, aber so weit kommt es nur selten. Fast immer wird man sich irgendwie einig, es sei denn, der Dirigent ist eine so starke Persönlichkeit, dass jeder Widerstand von vornherein zwecklos ist. Meistens reicht allerdings allein schon die Zeit nicht aus, tiefer in die Details einzusteigen oder über feinste Nuancierungen zu debattieren.