Die Altistin Delphine Galou, der Dirigent Ottavio Dantone und die Accademia Bizantina führen das Publikum in die Wunderwelt des italienischen Barocks.
Ursprünglich hat Delphine Galou Klavier und Philosophie studiert, bevor sie sich entschloss, Sängerin zu werden: Nach ihrer Entdeckung durch die Vereinigung junger Künstler in Frankreich sang sie bei den «Jeunes Voix du Rhin» und zählt heute zu den spannendsten Interpretinnen barocker Musik. Das liegt auch daran, dass bei ihr Klugheit und Wissen stets in der Sinnlichkeit der Stimme mitschwingen. Kein Wunder, dass die Pariserin heute mit allen grossen Barock-Ensembles auftritt und bei Experten für Alte Musik – Emmanuelle Haïm, Andrea Marcon oder Marc Minkowski etwa – beliebt ist. Besonders intensiv arbeitet sie mit dem Cembalisten und Dirigenten Ottavio Dantone und der Accademia Bizantina zusammen, mit denen sie nun auch im Maag-Areal gastiert, um ein stimmungsvolles Bild des italienischen Barocks zu zeichnen.
Im Mittelpunkt steht dabei Claudio Monteverdi, der im Jahre 1631 eine der wichtigsten Positionen des europäischen Musiklebens einnahm – er wurde Kapellmeister des Markusdoms in Venedig. Sofort reformierte er das Orchester und den Chor, sorgte für mehr Sicherheit in der Bezahlung und steigerte die Qualität des Ensembles. Aus dieser Zeit stammt auch die Sammlung «Selva morale e spirituale», mehrere Bücher, in denen die geistlichen Werke des Barockkomponisten erschienen sind, unter ihnen Messen, Psalmvertonungen, Hymnen und Motetten. Zwei dieser Werke werden nun im Maag-Areal aufgeführt. Für Monteverdi war die musikalisch fruchtbare Zeit in Venedig von privaten Rückschlägen geprägt: Sein Sohn starb an der Pest, der Komponist selber erkrankte schwer und liess sich zum Priester weihen. Als in Venedig das erste öffentliche Opernhaus gegründet wurde, begann er noch einmal eine neue Schaffensphase, bevor er 1643 starb. Monteverdi war für viele seine Nachfolger prägend – und die stellen Galou und Dantone in ihrem Programm ebenfalls vor.
«Monteverdis Zeit in Venedig war musikalisch fruchtbar, aber von privaten Rückschlägen geprägt.»
Da ist natürlich der wohl bekannteste komponierende Priester Italiens, Antonio Vivaldi. Das Konzert folgt aber auch unbekannteren Spuren und führt in eine Wunderwelt lebensfroher, italienisch geprägter Musik. Etwa, wenn die Accademia Bizantina neben Stücken von Nicola Porpora und Giovanni Lorenzo Gregori eine Arie von Alessandro Stradella spielt. Stradella war lange Zeit eine Schlüsselfigur im musikalischen Leben Venedigs, er logierte an zahlreichen Fürstenhäusern und trat als Sänger geistlicher Musik auf. Sein Leben war abenteuerlich: Nach Venedig kam er, weil er in Rom wegen Kuppelei verhaftet werden sollte, aber bald musste er auch die alte Dogenstadt verlassen und zog weiter nach Turin. Trotz seines bewegten Lebens hinterliess er unglaublich viel Musik, darunter zutiefst emotionale Kantaten, Opern, Oratorien und Madrigale.
Eine weitere Entdeckung ist der Komponist Niccolò Jommelli. Er wurde 1749 zum Vizekapellmeister am päpstlichen Petersdom ernannt, erschien aber nicht zum Amtsantritt. Papst Benedikt XIV. war allerdings so versessen darauf, den Musiker aus Neapel zu engagieren, dass er ihm den Affront verzieh. Lange hielt es Jommelli jedoch nicht in Rom, da Herzog Carl Eugen von Württemberg ihn nach Stuttgart lockte. Jommelli hat den Zeitgeist weiterentwickelt und sich schnell als Star der Opera seria einen Namen gemacht – besonders durch seine dramatischen, stufenlosen Übergänge in Dynamik und Gestaltung, die er parallel zur Mannheimer Schule entwickelte. Delphine Galou und Ottavio Dantone werden die Entwicklung des italienischen Barocks nun mit kluger Stimme und aufgeklärtem Klang nachvollziehen. (Text: Axel Brüggemann)
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